„Sharing“ – den Mantel und das Martiniganserl

Italiener, Sohn eines römischen Militärtribuns, aufgewachsen in Panonnien, dem heutigen Ungarn, kommt als Soldat nach Frankreich und wird dort 372 zum Bischof geweiht. Kulinarisch wäre das eine schöne Rundreise. Bekannt wurde Martin aber weil er als Soldat seinen Mantel teilte und einem Armen eine Hälfte abgab. Die Gänse spielten erst später in seinem Leben eine Rolle weil sie ihn, laut der Legende, in seinem Versteck vor der Bischofweihe, die er nicht annehmen wollte, mit ihrem lauten Schnattern verrieten. So soll der Brauch um das Martiniganserl entstanden sein. Obwohl die Gänse damals ausschließlich ihres Fettes wegen gehalten wurden, das Schmalz war das Wichtigste, hat sich bis heute ein alljährlicher landesweiter Sturm aufs Ganserl entwickelt.
Das „Sharing“ – auf Deutsch teilen – findet in modernen Restaurantkonzepten wieder Einzug, was beim Ganserl ja eigentlich Tradition ist. Der im besten Fall knusprige und saftige Vogel kommt im Ganzen zur Tischgesellschaft und wird am Tisch zerteilt und „geteilt“. Mit traditioneller, fast mütterlicher und an Kindheit erinnernden Serviermethode schafft man es, seine Gäste aus ihrer „comfort zone“ zu holen und zu Kommunikation und Interaktion zu animieren, während gleichzeitig ein animalischer Trieb geweckt wird, um ja das Beste Stück zu erwischen, der am Tisch sofort eine besondere Atmosphäre etabliert. So schafft es der heilige Martin von Tours fast 2000 Jahre später wieder beliebt und en vogue zu sein.

Unsere Martiniganserl dürfen ihre Sommer auf einem der schönsten Flecken in Langenwang verbringen. Vielen Dank an Karl und Gerda Schütter für die Obhut. Mit Respekt und Würde begegnen wir dieser Tradition und verwerten in unserer Küche alles von Kopf bis Fuß.

Ganserl Krainer

Weideganserl mit Milchbrot und Pflaumen gefüllt

  • 1 Weidegans
  • grober Senf
  • 3-4 Knoblauchzehen
  • 1 kleines Stück Ingwer
  • 16 Stk. Dörrpflaumen
  • 6 Scheiben Milchbrot oder Brioche
  • 2 El. Sauerkraut
  • Salz, Pfeffer
  • 2 Karotten, 1 Zwiebel, ½ Knollensellerie, 2 Äpfel
  • ½ l dunkles Bier
  • ½ l Geflügelfond oder Suppe
  • ½ l Apfel od. Orangensaft
  • Maisstärke zum Binden
  • 2 El Honig
  • Küchengarn und Nadel

Die Gans „hohl auslösen“, das heißt die Haut der Gans mit einem scharfen Messer entlang des Rückgrats einschneiden, und das Fleisch vom Brustkorb lösen. Die Knochen der Oberkeulen und der Flügel an den Gelenken vom Rumpf lösen. Die Oberkeulenknochen ebenfalls auslösen das Fleisch sollte jedoch in einem Stück bleiben. Die ausgelöste Gans mit der Hautseite nach unten auf die Arbeitsfläche legen, mit Senf bestreichen und mit Salz, Pfeffer und Majoran würzen. Die Knoblauchzehen und den Ingwer mit einer feinen Reibe über das Fleisch reiben. Das Sauerkraut gleichmäßig auf der Gans verteilen, mit Milchbrot und Pflaumen belegen. Die Gans über der Fülle zusammenklappen und mit Küchengarn zunähen, außen mit Salz und Pfeffer einreiben. Die Knochen hacken, Karotten, Zwiebel und Sellerie schälen und mit dem Apfel in grobe Würfel schneiden, vermischen. Die Gans mit der Brust nach unten in einen schweren Bräter legen, Knochen und Wurzeln dazugeben und so viel Wasser dazugießen, dass es etwa 1 cm hoch im Bräter steht. Den Ofen auf 200°C vorheizen und die Gans etwa 30 Minuten garen. Auf 180°C zurück schalten, das Fett abschöpfen und die Gans wenden. Das Bier, den Geflügelfond und den Saft dazugeben und die Gans ca. 1½ – 2 Stunden garen. Dabei immer wieder mit dem Bratenfond begießen. Die Gans aus dem Bräter heben und noch ca. 15 Minuten rasten lassen. Am besten den Ofen ausschalten und bei geöffneter Tür hineinstellen. Den Bratensaft durch ein Sieb streichen. Etwas Maisstärke mit wenig Wasser anrühren und den Bratensaft damit binden. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das Martiniganserl der Länge nach halbieren, portionieren auf Tellern anrichten und mit ordentlich Sauce servieren.

Viel Spaß beim „Teilen“, gerne begrüßen wir sie aber auch in unserem Restaurant!
Astrid & Andreas Krainer

Krainer Martinigansl